Pfarrer Gregor Rapa

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Pfarrer Rapa mit Geige

Im Rahmen seiner Urlaubsvertretung war Pfarrer Rapa am 8. Februar 2017 in der Kirchengemeinderatssitzung zu Gast und berichtete über seine Arbeit in der Ostukraine.

Wie kommt ein polnischer Pfarrer aus Lublin in die Ostukraine, um in Lugansk (Luhansk) mit zehn Gläubigen eine katholische Gemeinde aufzubauen?

Die Antwort ist leicht: 1.600 Kilometer mit dem Auto. Das stimmt aber nicht ganz. Fast 1.600 Kilometer sind es von Polen aus. Wenn Pfarrer Rapa am 2. März von Steinheim aus zurückfahren wird, werden 3.000 Kilometer auf ihn warten. Dann, kurz vor der Grenze, noch auf ukrainischem Gebiet, wird er seinen weißen VW-Bus wieder bei Freunden unterstellen. Mit nur zwei Reisetaschen beladen, wird sich Pfarrer Rapa der Grenze des pro-russischen Separatistengebietes nähern und die Dokumentenschikane geduldig über sich ergehen lassen. Dann wird er die restlichen fünf Kilometer nach Hause laufen.

„Die Brücken sind alle zerstört“. So ungefähr beginnt der Bericht von Pfarrer Rapa, als er in der Kirchengemeinderatssitzung über seine Arbeit erzählt. Die Brücken über den Siwersky Donez, einen Nebenfluss des Don. Die „natürliche“ Grenze zwischen der Ukraine und den Separatisten, die Teile des besetzten Gebietes als Volksrepublik Lugansk proklamierten. International nicht anerkannt, von der Europäischen Union auf die Sanktionenliste gesetzt. Das Auswärtige Amt hält seine Teilreisewarnung für die Ukraine seit Jahren aufrecht und warnt dringend vor Reisen u.a. in die Gebiete Lugansk und Stachanow. Genau dort ist Pfarrer Rapa zu Hause und genau dort will er im März wieder sein.

Die große Politik ist seine Sache nicht. Es geht ihm um die Menschen, die ihn vor fast 25 Jahren in Lublin förmlich bekniet haben, mit ihnen nach Lugansk zu kommen, um ihr Pfarrer zu sein. „Ein befreundeter Pfarrer hat bereits Anfang der 90-er Jahre in der Ukraine gearbeitet und hat mir davon erzählt“, so erklärt er sein beginnendes Interesse an der Ukraine. Er erzählt von einem Witz des Bischofs von Lublin, der ihn spaßeshalber in die Ukraine schicken wollte. Von einer kleinen Delegation aus Lugansk, die in Polen nach einem Pfarrer gefragt und ihn schließlich gefunden hat – oder er sie. Unweigerlich denkt man bei den Ausführungen Pfarrer Rapas an eine Fügung Gottes.

In der Westukraine gibt es Gebiete mit bis zu 70% Katholiken, im Osten sind es keine 10%, gefühlt sind es null. Zu Beginn in Lugansk, einer Stadt mit damals 450.000 Einwohnern, waren es zehn Personen, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entschieden haben katholisch zu sein. Entschieden haben – ohne Taufe, weil es keinen katholischen Pfarrer gab. Pfarrer Rapa erzählt von einem Mann, der in Lugansk Flugblätter klebte, wo und wann sich interessierte Katholiken treffen könnten, von zwei Frauen, die sich nicht trauten, weil Polizeifahrzeuge am Treffpunkt auftauchten, von einem 18-jährigen Jungen, der das Flugblatt las, katholisch wurde und heute Dominikanerpater ist. Man spürt, dass die Arbeit im und mit dem Glauben Pfarrer Rapas Antrieb ist.

Seine Gemeinde in Lugansk hat heute 25 Mitglieder, die Filialgemeinde im 70 Kilometer entfernten Stachanow noch 40. „Das war aber nicht immer so“, erklärt Pfarrer Rapa und gerät beinahe ins Schwärmen. 150 Katholiken waren es zu den besten Zeiten, dazu kamen noch 250 ausländische Katholiken, die an den Universitäten von Lugansk studierten. Er erzählt von Internationalität, gegenseitiger Bereicherung und harmonischem Miteinander. Das alles gibt es heute nicht mehr. Die Hälfte der Bevölkerung ist vor Krieg, Armut und Perspektivlosigkeit geflüchtet, darunter natürlich auch Katholiken. Mit ihnen versucht er Kontakt zu halten und bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu helfen. Nicht alle hätten es in anderen Teilen der Ukraine, in Polen oder Tschechien geschafft. Pfarrer Rapa pflegt dieses Bündnis aus vertriebenen und geflüchteten Katholiken aus Lugansk und Stachanow und es ist leicht zu verstehen, dass ihm diese Aufgabe gleichermaßen Motivation und Belohnung ist.

Die Tagesordnung der Sitzung ist zu diesem Zeitpunkt längst Makulatur und so wird der offizielle Teil der Sitzung beendet, um Pfarrer Rapa weiter zuhören zu können. Wenn es je einen Moment gab, in dem man im Kaminzimmer eine Stecknadel hätte fallen hören können, dann war er just da.

Noch heute hält er jeden Tag einen Gottesdienst und er ist stolz auf seine Sammlung an Messgewändern, „die größer ist als die von Pater Georg“, schmunzelt er. Im Anschluss an den Gottesdienst gäbe es Tee und Gespräche, viele und lange Gespräche. „Warum gehen in Steinheim nach der Kirche alle gleich nach Hause?“, wundert er sich. „Die psychische Belastung ist enorm“, beginnt Pfarrer Rapa wieder. Er erzählt von Exekutionen während des Krieges, von der Zerrissenheit der Bevölkerung, die nicht wisse, ob sie russisch oder ukrainisch sei, und die weder in Russland noch in der Ukraine richtig zuhause ist. Um das tägliche Brot wird jeden Tag gekämpft, Wasser wird in 5 Liter Kanistern gehortet, weil es nur stundenweise verfügbar ist. Selbstversorgung ist Pflicht und glücklich sind die, die einen Garten bewirtschaften können. „Riesige Tankstellen gibt es in der Ukraine, mit großen Flächen und langen Regalen und es gibt nichts außer Diesel, nichts“.

Aber er will bleiben, obwohl ihn der Bischof in der Ukraine gerne in eine ukrainische Gemeinde versetzen möchte. „Ich habe ihm gesagt, ich predige nur in polnisch, russisch und deutsch“, legt sich Pfarrer Rapa fest. Eine neue Sprache will er nicht mehr lernen und seine Gemeinde in Lugansk im Stich lassen schon gar nicht. So wird er Anfang März wieder seinen VW-Bus packen und zurückfahren. Auf die Frage, was er braucht, antwortet er: „Eine Motorsäge vielleicht, aber auf jeden Fall nehme ich Hostien mit“. Ansonsten gäbe es in Lugansk einen kleinen Vorrat an Dingen für seine Kirche. Die wertvollen Sachen hat er zu Kriegszeiten bereits an seine katholische Gemeinde verteilt, damit sie nicht aus der Kirche gestohlen werden. „So macht jedes Teil für sich den Katholiken eine Freude“.

„Ich bin der Gemeinde Steinheim sehr dankbar“, sagt er nach fast zwei Stunden, die Hilfsbereitschaft sei ungebrochen groß. Seine erste Urlaubsvertretung war 1990 auf Bitten seines Kollegen und damaligen Steinheimer Pfarrers Ludwig Heller. Seitdem kommt Pfarrer Rapa regelmäßig nach Steinheim, auch, um sich von den psychischen Belastungen in Lugansk und Stachanow zu erholen. Ganz ohne seine Gemeinde geht es aber in Steinheim nicht. „Am Sonntag um 7 Uhr halte ich einen Gottesdienst über Skype“, freut sich Pfarrer Rapa, dem der neue Internetanschluss im Pfarrhaus sehr gelegen kommt. Er wird am Sonntag eine Brücke bauen. Nicht aus Stein und Metall, aber 3.000 Kilometer lang.

Pfarrer Rapa berichtete beim „Offenen Gemeindehaus“.

Am vergangenen Sonntag, 10.7.2016, zelebrierte Pfarrer Rapa den Gottesdienst mit und war zu Gast beim gut besuchten „Offenen Gemeindehaus.“ Er berichtete in Wort und Bild über die nach wie vor schwierige Lage in Luhansk/Ukraine.
Die Stadt und damit auch seine Kirchengemeinde gehören zum Separatistengebiet. Armut sowie Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit kennzeichnen die Lage. Die Fronten sind buchstäblich verhärtet, Lösungen sind nicht in Sicht. Geblieben sind v.a. Menschen, die sich bis heute von der pro-russischen Propaganda beeinflussen lassen oder die sonst nirgends umziehen oder fliehen können.
Als größtes Problem bezeichnet er die psychischen Folgen der Situation für die Menschen. Ihm selbst wird aus Sicherheitsgründen von allen Seiten abgeraten, weiter in Luhansk tätig zu sein.
Er ist unschlüssig, was er tun soll, sieht es aber nach wie vor als seine Aufgabe an, den Menschen beizustehen.
Die Zuhörer im Gemeindesaal erlebten einen charismatischen Pfarrer Rapa, der mit innerer Größe, Mitgefühl und großer geistiger und seelischer Kraft die schwierige Situation für sich und seine Gemeinde bis heute meistert. Mögen unsere Gebete ihm in den bevorstehenden Monaten helfen!
Zunächst wird er noch bis 24.7.2016 in Steinheim bleiben und sich von den Strapazen erholen. In unserer Kirchengemeinde ist Pfarrer Rapa jederzeit willkommen und wir freuen uns bereits auf den nächsten Besuch!

Katholische Kirche in Luhansk